Fettstoffwechselerkrankungen wie Adipositas stehen mit verschiedenen Erkrankungen des Menschen im Zusammenhang. Erhöhte Fettwerte werden als besondere Risikofaktoren etwa für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesehen. Die Möglichkeit, in den Fettstoffwechsel und vor allem auch auf die Speicherung von Fetten im Körpergewebe Einfluss zu nehmen, stellen damit Ansatzpunkte für die Behandlung zahlreicher Erkrankungen dar.
Eine internationale Forschungsgruppe aus den USA, Österreich und Deutschland identifizierte eine neue Klasse von pharmakologisch aktiven Substanzen, die ein wichtiges Enzym im Fettstoffwechsel hemmt. Von der Karl-Franzens-Universität Graz war das Team um Assoz. Prof. Dr. Achim Lass und Dr. Thomas Eichmann am Institut für Molekulare Biowissenschaften beteiligt. Für ihre Studien haben die ForscherInnen in einem Massentest mehr als 300.000 verschiedene Substanzen untersucht. Die Ergebnisse veröffentlichten sie in der Zeitschrift EBioMedicine.
Das internationale Team um Juniorprofessor Dr. Mathias Beller von der Heinrich-Heine-Universität hat in einer groß angelegten Studie eine Vielzahl von Molekülen hinsichtlich ihres Einflusses auf die Fettspeicherung untersucht. Unter über 300.000 Substanzen fanden sie mehrere Hundert potente Molekülstrukturen, die die Fettspeicherung in Zellen verhindern. Von drei näher untersuchten Strukturklassen stellte sich weiter heraus, dass eine dieser Strukturen das für die Fettspeicherung zentrale Enzym Diacylglycerol-Acyltransferase-1 (DGAT1) ausschaltet.
Die Untersuchungen geschahen in Form eines Ultrahochdurchsatz-Screenings am National Institute of Health in Washington zunächst an Fruchtfliegenzellen. Für das Testen der Substanzbibliothek nutzte man eine Roboterstraße, die es erlaubt, Zellexperimente im kleinsten Maßstab durchzuführen. Dazu werden sogenannte 1536-well Platten verwendet: Kunststoffplatten mit 1536 winzigen Vertiefungen, an deren Boden jeweils einige Fruchtfliegenzellen liegen. In jede dieser Vertiefungen wird eine andere Substanz geträufelt, jeweils nur winzige Mengen. Mit automatisierten optischen Verfahren wurden ermittelt, wie viel Fett die Zellen in jeder einzelnen Vertiefung gespeichert hatten. Die verwendete Substanzbibliothek deckte eine große Bandbreite chemischer Strukturen und biologischer Aktivitäten ab. Von den meisten Strukturen ist der Wirkmechanismus allerdings noch unbekannt.
Die vielversprechendsten Substanzen aus diesem Screening wurden in Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe um Achim Lass und Thomas Eichmann von der Uni Graz an verschiedenen Säugetier-Zellen in vitro getestet. Dabei haben die WissenschafterInnen entdeckt, dass die Strukturen auch in höheren Organismen aktiv sind. Für eine dieser Verbindungen konnte der Wirkmechanismus, nämlich die Inhibierung des fettaufbauenden Enzyms DGAT1, entschlüsselt werden.
Publikation
K. Tschapalda, Y. Zhang, L. Liu, K. Golovnina, T. Schlemper, T. Eichmann, M. Lal-Nag, U. Sreenivasan, J. McLenithan, S. Ziegler, C. Sztalryd, A. Lass, D. Auld, B. Oliver, H. Waldmann, Z. Li, M. Shen, M. Boxer, M. Beller, „ A class of diacylglycerol acyltransferase 1 inhibitors identified by a combination of phenotypic high-throughput screening, genomics, and genetics “, EBioMedicine, EBIOM567
DOI: 10.1016/j.ebiom.2016.04.014