Sein Erfolg geht über Leichen – so wie der des fiktiven Commissario Brunetti: Romedio Schmitz-Esser, von September 2014 bis Dezember 2016 Leiter des Deutschen Studienzentrums in Venedig, befasste sich in seiner Habilitation mit der kulturellen Konstruktion des toten Körpers im Mittelalter. Für die Arbeit wurde er 2016 vom Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands mit dem Carl-Erdmann-Preis ausgezeichnet. „Im Mittelalter beginnt die forensische und medizinische Untersuchung, bei der Verstorbene wie Objekte behandelt werden. Im Gegensatz dazu werden Heilige als vollwertige, lebendige Mitglieder der Gesellschaft angesehen“, führt Schmitz-Esser aus. Mit diesem auch heute noch bestehenden Spannungsfeld zwischen Einbalsamierung und Zerstörung und der Rolle der körperlichen Hülle befasst sich der aus Hamburg gebürtige Historiker in seiner Forschung.
Nach dem Studium in Innsbruck – Schmitz-Essers Mutter ist Tirolerin –, der Tätigkeit als Stadthistoriker in Hall und der Habilitation an der Ludwig-Maximilians-Universität München verschlägt es den Wissenschafter mit Schwerpunkt auf italienische Geschichte nach Venedig ans Deutsche Studienzentrum. Auf seinem Nachbarbalkon frühstückt der Film-Commissario Brunetti für die Dreharbeiten.
Die Nähe zu Italien, aber auch zum osteuropäischen Raum hat den Professor schließlich nach Graz gelockt. „Es freut mich, hier an einer Universität zu sein und mich wieder verstärkt der Wissenschaft zu widmen“, berichtet er. Sein erstes steirisches Projekt führt ihn aber in eine ganz andere Richtung: Schmitz-Esser befasst sich mit der Rezeption des Buddhismus im mittelalterlichen Westen. „Es gab damals so gut wie keinen direkten Austausch, aber doch markante Einflüsse etwa durch Reiseberichte“, weiß der Forscher. Wie die Kultur und das Wissen aufgenommen wurden, will er nun klären.
Dienstag, 31.01.2017