Die Förderung des Diskurses über Parlamentarismus und Demokratie ist das Anliegen der Margaretha Lupac-Stiftung. Im Sinne dieses Stiftungszwecks zeichnete Nationalratspräsidentin Doris Bures am 6. November 2017 drei WissenschaftlerInnen für ihr bisheriges wissenschaftliches Gesamtwerk mit dem Wissenschaftspreis 2017 der Lupac-Stiftung aus. Die PreisträgerInnen sind die Politikwissenschafterin Birgit Sauer (Universität Wien), der Politologe Reinhard Heinisch (Universität Salzburg) und der Politikwissenschafter Klaus Poier (Karl-Franzens-Universität Graz). In den Laudationes wurde vor allem die Verbindung von Theorie und Praxis sowie die umfassende Öffentlichkeitsarbeit im Sinne von Demokratie und Parlamentarismus, die alle drei PreisträgerInnen auszeichnet, hervorgehoben.
In ihrer Rede zur feierlichen Preisverleihung im Wiener Palais Epstein nahm Nationalratspräsidentin Doris Bures Bezug auf die bevorstehende neue Gesetzgebungsperiode. Wie bei jedem Neuanfang biete sich die Gelegenheit, Gewohntes zu hinterfragen und Verbesserungen vorzunehmen. Wissenschaftliche Analyse könne dabei einen wichtigen Beitrag zu einem vertieften Verständnis für die demokratischen Strukturen, einen geschärften Blick für ihre Chancen und Schwächen sowie wichtige Impulse zur Stärkung einer lebendigen Demokratie geben, sagte Bures. Mit dem Wissenschaftspreis der Margaretha Lupac-Stiftung, der erstmals 2005 jährlich abwechselnd zum Demokratiepreis vergeben wurde, soll wissenschaftliche Tätigkeit ausgezeichnet werden, die sich solchen Fragestellungen in vorbildlicher Weise widmet.
Die Wissenschaft könne und solle dem Parlament zwar keine politischen Entscheidungen abnehmen, sie könne aber Orientierung und Anregung für politisches Handeln geben. Die drei PreisträgerInnen hätten in diesem Sinne wertvolle Beiträge zur Demokratieforschung geliefert, sagte Bures. So bringt etwa Birgit Sauer die wichtige Geschlechterperspektive in politikwissenschaftliche Fragestellungen ein. Reinhard Heinisch setzt sich mit Chancen und Schwächen des parlamentarischen Systems und den Gefahren durch politischen Populismus auseinander und Klaus Poier befasst sich mit Ansätzen für neue Wahlrechtsmodelle und der Analyse von Instrumenten direkter Demokratie. Neben ihren Glückwünschen sprach Bures den Geehrten auch ihren Dank dafür aus, dass sie stets als wichtige DialogpartnerInnen der Politik und des Parlaments zur Verfügung stehen. Die Nationalratspräsidentin dankte auch dem Kuratorium und der Jury sowie den Geschäftsführerinnen der Lupac-Stiftung für ihre Arbeit in der zurückliegenden Gesetzgebungsperiode.
Kreative und innovative Lösungsvorschläge
Die Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofs Brigitte Bierlein stellte den Politikwissenschaftler Klaus Poier vor. Poier, der in Graz geboren wurde, ist Assistenzprofessor am Institut für öffentliches Recht, Verwaltungslehre und Politikwissenschaft der Karl-Franzens-Universität Graz. Als eine besondere Leistung Poiers hob Bierlein dabei seine Beiträge zu Wahlsystemen und Wahlrecht hervor, zu denen er auch praxistaugliche Reformvorschläge beigesteuert hat. Poier war in den Jahren 2003 bis 2005 Mitglied des Österreich-Konvents sowie 2015 der Enquete-Kommission zur Stärkung der Demokratie in Österreich. Zu seinen weiteren Tätigkeiten gehört unter anderem seine Funktion als Obmann des Dr.-Karl-Kummer-Instituts für Sozialreform, Sozial- und Wirtschaftspolitik in der Steiermark.
Klaus Poier betonte, dass Demokratieforschung in besonderer Weise auf Interdisziplinarität angewiesen ist. Des Weiteren brauche sie die Verknüpfung mit der Praxis. Diese Verbindung bestehe in beide Richtungen, denn es gehe nicht nur darum, neue Fragestellungen zu aufzunehmen, sondern auch darum, dass die Wissenschaft ihre Erkenntnisse an die Öffentlichkeit zurückgibt. Aus seiner Sicht ist die Wissenschaft gefordert, kreative und innovative Lösungsvorschläge anzubieten. Eine aktuelle Frage sei etwa, wie bei einem Vorzugsstimmenwahlkampf die Repräsentativität der Geschlechter gewahrt bleiben kann. Er sei auch optimistisch, dass eine Stärkung direktdemokratischer Instrumente möglich ist, ohne dass es dabei zu jener populistischen Besetzung und Emotionalisierung von Themen kommt, die oft befürchtet wird.
Die Margaretha Lupac-Stiftung
Die 1999 verstorbene Margaretha Lupac hat dem Parlament für eine gemeinnützige Stiftung insgesamt 1,5 Mio. € hinterlassen. Daraus werden seit 2005 alternierend ein Demokratie- und ein Wissenschaftspreis des Parlaments finanziert, der mit jeweils 15.000 € dotiert ist. Er kann auf bis zu drei Personen aufgeteilt werden. Ausgezeichnet werden Arbeiten, die das Verständnis für die Grundlagen, die Funktionsweise und die Grundwerte der österreichischen Republik fördern und die dazu beitragen, die Bedeutung von Toleranz im Diskurs über Fragen der Politik, Kunst und gesellschaftlichen Entwicklungen zu vermitteln.
Parlamentskorrespondenz Nr. 1107 vom 6.11.2017