Es war ein Jahr voller Ereignisse, das Jahr 2017. Vor allem politisch hat sich einiges getan: neuer US-Präsident, Angelobung des österreichischen Bundespräsidenten, heimische Regierungskrise und Neuwahlen des Nationalrates im Herbst. Alles Indikatoren, an denen sich aktuelle Sprachentwicklungen messen lassen und die auch die Wahl zum Wort und Unwort des Jahres maßgeblich beeinflussen. Gewählt wurde wieder von einer Fachjury, die Initiative wurde wieder vom Grazer Germanisten und Sprachwissenschafter Rudolf Muhr gestartet. Die Ergebnisse wurde heute in der Früh über die APA bekannt gegeben.
Auch 2017 liegt Trend im Aufzeigen politischer Statements: Das Rennen in diesem Jahr machten "Vollholler" (Wort des Jahres) und "alternative Fakten" (Unwort). Den zweiten Platz belegten "Fake News" und "Registrierkassensicherheitsverordnung". Spruch des Jahres ist "Mei Wien is net deppat" und "Ein Satz noch ..." wurde zum Unspruch gewählt. Zum österreichischen Jugendspruch wurde "Hallo, I bims" gekkürt Insgesamt haben 8330 WählerInnen mehr als 38 300 Stimmen abgegeben. Beinahe 700 KandidatInnen-Wörter wurden in der Vorwahl eingereicht.
Die Begründung der Jury im Detail
Wort des Jahres 2017: Vollholler
Der genuin österreichische Ausdruck wurde von den WählerInnen an die erste Stelle gewählt.
Damit lässt sich abschätzig, aber nicht unbedingt beleidigend zum Ausdruck bringen, dass
etwas, seiner Meinung nach, „ein völliger Unsinn“ ist. Die Formulierung war in einer Aussage
von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) enthalten, der auf eine Äußerung seines
Regierungspartners und Außenministers Sebastian Kurz (ÖVP) reagierte, wonach die sog.
„Mittelmeer-Fluchtroute“ geschlossen werden sollte. Das gesamte Zitat: „Das ist, ehrlich
gesagt, der nächste populistische Vollholler.“ Der bis dahin informelle Ausdruck hat sich
seither im öffentlichen Sprachgebrauch etabliert, so wie es seinerzeit schon bei „vernadern“
oder „Haklerregelung“ der Fall war.
2. Wort des Jahres 2017: Fake News
Der aus dem Englischen übernommene Ausdruck meint Falschnachrichten aller Art, mit
denen versucht wird, die Politik zu beeinflussen. Er hat seinen Ursprung in den ständigen
Angriffen des derzeitigen US-Präsidenten Trump auf die faktenbasierte Berichterstattung von
Zeitungen und elektronischen Medien. Zugleich bezeichnet er auch tatsächliche
Falschnachrichten (vor allem) in sozialen Medien, die bewusst zur Manipulation (z.B. von
Wahlen) eingesetzt werden. In dieser doppelten Verwendung ist der Ausdruck zu einem
Leitbegriff der derzeitigen öffentlichen Diskussion geworden.
3. Wort des Jahres 2017: Frauennationalteam
Das österreichische Frauenfußballnationalteam war bei der heurigen Europameisterschaft
überaus erfolgreich. Die Wahl des Wortes ist eine Anerkennung der außerordentlichen
Leistungen dieses Teams.
Unwort des Jahres 2017: alternative Fakten
Die ursprünglich amerikanische Wortschöpfung, mit der eine offensichtliche Lüge eines
hohen Amtsträgers verschleiert wurde, wurde von den WählerInnen an die erste Stelle
gewählt. Der Ausdruck ist zu einem geflügelten Wort geworden, mit dem krasse Lügen in der
öffentlichen Kommunikation (manchmal auch ironisch gemeint) verschleiert umschrieben
und damit verharmlost werden. Der Ausdruck steht auch für eine neue Haltung mancher
politischer Akteure, wonach schamloses Lügen ein normaler Teil des politischen Geschäfts ist.
2. Unwort des Jahres: Registrierkassensicherheitsverordnung
Dieses Wortmonster, das dem Schoß der österreichischen Bürokratie entsprungen ist, störte
die WählerInnen so sehr, dass es Platz zwei erreichte. Es ist eine jener Wortschöpfungen von
Bürokraten, die die BürgerInnen ratlos macht, eine gewisse Allmacht der Verwaltungen
signalisiert und so in Form und Funktion zu einem Unwort wird.
3. Unwort des Jahres: silbersteinfrei
Der vom ehemals grünen Altpolitiker Peter Pilz erfundene Begriff in Bezug auf den aus Israel
stammenden SPÖ-Wahlkampfberater Tal Silberstein, stellt nach weit verbreiteter öffentlicher
Deutung eine Anspielung auf den aus der Nazi-Propaganda stammenden Ausdruck
„judenfrei“ her. Er ist wegen seines diskriminierenden Charakters und des mangelnden
Geschichtsbewusstseins ein genuines Unwort.
Jugendwort 2017: Hallo, I bims!
Hier handelt es sich um eine bewusste Fehlschreibung und ein Spaßwort (statt: Hallo, ich
bin’s) ohne tiefere Bedeutung. Es wird von Jugendlichen (vor allem in den sozialen Medien)
humorvoll für Sprachspielereien verwendet.
2. Jugendwort 2017: Lauch
Damit ist nicht das Suppengemüse gemeint. Vielmehr wird daraus im Sprachgebrauch von
Jugendlichen ein Schimpfwort, mit dem ein intellektuell unbedarfter, wenig fähiger Mensch
bezeichnet wird, der nichts zusammen bringt. Wird auch für Leute verwendet, die so schnell
in die Höhe gewachsen sind, dass die Muskeln nicht mithalten konnten und das Resultat eine
gewisse Ungelenkigkeit ist.
3. Jugendwort 2017: Disappointinger
Einer, von dem man (schwer) enttäuscht wird, was in einem jungen Leben öfter einmal
vorkommen soll. Die Wortneuschöpfung besteht aus dem englischen Verb „to disappoint“
(enttäuschen) und der Ableitungssilbe –er, die daraus ein deutsches Substantiv macht.
Spruch des Jahres 2017: „Mei Wien is net deppat!“
Typischer Kommentar des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl nach der Nationalratswahl,
bei der seine Partei zumindest in der Bundeshauptstadt Zugewinne verzeichnet hatte. Der
Ausspruch wurde mit überwältigender Mehrheit an die erste Stelle gewählt. Er hat damit
wohl vielenWienerInnen aus der Seele gesprochen.
Unspruch des Jahres 2017: „Ein Satz noch …“
Diese Formulierung war von vielen PolitikerInnen im Rahmen der Fernsehdiskussionen zur
Nationalratswahl 2017 zu hören. Sie steht stellvertretend für die zahlreichen Unarten der
Gesprächsführung politischer Akteure, indem auf die Äußerung nicht bloß ein Satz, sondern
oft noch ein ganzer Vortrag folgte, wie auch, dass sich die GesprächspartnerInnen einander ständig unterbrachen usw.