Warum heizt eine Gasleitung die politischen Konflikte an? Die einen halten die Pipeline Nord Stream 2, die russisches Gas nach Deutschland liefern wird, für einen großen Wurf. Andere befürchten, dass sich die Abhängigkeit von Russland verstärkt. Und in die brisante politische Debatte zwischen USA, EU und Russland mischen sich auch noch juristische Unklarheiten, ob die Pipeline Unions- oder Völkerrecht betrifft. Scheinbar unlösbare Fragen, denen sich ForscherInnen am Russian East European & Eurasian Studies Centre (REEES) der Universität Graz im Zuge eines wissenschaftlichen Meetings stellten. Und versuchten gemeinsam mit weiteren ExpertInnen am 17. und 18. Oktober 2018 an der Universität Graz Antworten darauf zu finden.
Das Impulsreferat lieferte Daniel S. Hamilton, Professor Johns Hopkins University (USA), auf dem Podium diskutierten unter der Moderation von Benedikt Harzl und Aiste Mickonyte (beide REEES) Paul Gragl von der Queen Mary University London (GB), Zhenis Kembayev von der KIMEP University in Almaty (Kasachstan), Nina Zafoschnig (Schönherr Rechtsanwälte GmbH) und Joseph Marko, Verfassungsjurist und Politikwissenschafter an der Universität Graz.
„Es geht um mehr als nur um Gas. Die Pipeline steht hier stellvertretend für ideologische Auseinandersetzungen“, brachte Rechtswissenschafter Benedikt Harzl das komplexe Thema auf den Punkt. „Recht und Politik sind rund um dieses Projekt ungemein miteinander verzahnt. Recht ist dabei politisch aufgeladen und wird zu einem Medium der Regierungen“, so Harzl. Ein Umstand, der sich aufgrund des zunehmenden politischen Populismus – vor allem auch in den USA – massiv verschärft habe.
Die Kontroverse entwickelte sich zu einem gordischen Knoten, den auch die ExpertInnenrunde nicht lösen konnte. Denn es müsse, fasste Harzl die Diskussion zusammen, eine ganz zentrale Frage geklärt werden: Welches Verhältnis zwischen Europa, Eurasien und USA wollen wir? Erschwert werde eine Beantwortung dadurch, dass es in Europa keine Einigkeit in dieser Frage gäbe. Daniel S. Hamilton meinte sogar: „Die EU ist mittlerweile der Importeur von Instabilität.“ Daher sei es notwendig, weniger das Trennende, sondern mehr die Gemeinsamkeiten in der Europäischen Union hervorzustreichen.
Die Tagung wurde vom Russian East European & Eurasian Studies Centre gemeinsam mit dem Review of Central and East European Law veranstaltet.